Mehr Zeit für Pflege
Interview mit Johannes Klopprogge über die schwierigen Verhältnisse bei der ambulanten Pflege und seine Gespräche mit Bundespolitikern.
Frage: Herr Klopprogge, warum sind Sie nach Berlin gefahren?
Klopprogge: Die Stimme der häuslichen Pflege findet zu wenig Gehör in Berlin, obwohl sie täglich von sehr vielen Menschen gebraucht wird. Ein einzelner Patient kann wenig ausrichten, deshalb ist es wichtig sich zusammenzuschließen. Gemeinsam mit anderen Vertretern/innen von diakonischen und caritativen Pflegediensten sind wir deshalb nach Berlin gefahren. Dort haben wir uns mit Politikern aus dem Gesundheitsausschuss des Bundestages und mit Staatssekretär Laumann getroffen, er ist Bevollmächtigter der Bundesregierung für Pflege.
Frage: Welche Forderung haben Sie an die Politik?
Klopprogge: Kurz gesagt: Mehr Zeit für häusliche Pflege!
Frage: Was steckt hinter diesem Anliegen?
Klopprogge: Die meisten Menschen möchten sich gerne in ihrem gewohnten, häuslichen Umfeld pflegen lassen und nicht im Heim oder Krankenhaus. Bei medizinischen Angelegenheiten, wie zum Beispiel Diabetes-Versorgung, Medikamentengabe oder Verbandswechsel kommt dann die Sozialstation mit ihren Pflegefachkräften zu den Patienten nach Hause. Die Kosten, die dabei entstehen werden von der Krankenkasse bezahlt. Das hört sich gut an, ist in Wirklichkeit aber oft problematisch.
Frage: Wo liegt das Problem?
Klopprogge: Von den Kassen bekommen wir für unsere Arbeit nur Pauschalbeträge erstattet. Diese Pauschalen sind zu niedrig, um unsere Pflege in einer angemessenen Zeit zu erbringen. Weil wir uns trotzdem Zeit für unsere Patienten nehmen, entsteht eine finanzielle Lücke, die wir auf Dauer nicht durch Spenden auffangen können, weil die Schere immer Größer wird. Wir möchten auch für die nachfolgenden Generationen da sein, deshalb ist eine solide finanzielle Grundlage wichtig.
Frage: War Ihre Reise nach Berlin erfolgreich?
Klopprogge: Uns war klar, dass unsere Gespräche nicht sofort zu der notwenigen Gesetzesänderung führen, wir haben ja auch schon seit einiger Zeit eine Bundestagspetition dazu laufen. Ich hatte den Eindruck, dass man sich seitens der Politik nicht so recht an die Kassen heran traut und Druck macht. Umso wichtiger war es, genau das von den Akteuren in Berlin weiter einzufordern. Doch wir lassen uns nicht unterkriegen und machen weiter - das sind wir den Familien schuldig, die unsere Hilfe brauchen.
Frage: Wie geht es weiter?
Klopprogge: Es würde mich sehr freuen, wenn die Parteien das Thema Pflege mit in den Wahlkampf nehmen und sich zur Stärkung der häuslichen Krankenpflege positionieren, denn es ist ein Thema, dass uns alle irgendwann einmal angeht. Wir werden weiter auf verschiedenen Ebenen für unsere Anliegen werben und kämpfen.
Zur Person: Johannes Klopprogge ist seit Januar 2015 geschäftsführender Vorstand der Evangelischen Sozialstation Bad Rappenau / Bad Wimpfen e.V..